Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Das Band zwischen den Karakatschanen und der ewigen Reise ihrer Vorfahren

БНР Новини

Wissenschaftler haben den Weg der Karawanen der Karakatschanen beschritten, um mit dem freien Geist einer Gemeinschaft in Berührung zu kommen, die seit Jahrhunderten auf dem Balkan lebt. Zugleich wollten sie mit eigenen Augen sehen, wie die heutigen Nachfahren die Traditionen und Rituale ihrer Ahnen pflegen.

Die Ausstellung „Auf dem Weg“, die ab dem 5. November im Kulturraum „Sklad“ (zu Deutsch „Lagerhalle“) im historischen Stadtteil Tabakstadt in Plowdiw zu sehen ist, erzählt vom Leben der Karakatschanen in Bulgarien und in Nordgriechenland. Wissenschaftler vom Lehrstuhl „Ethnologie“ an der Plowdiwer Universität haben sie im Laufe von zwei Jahren einer Studie unterzogen.

Снимка

Wir setzten unseren Akzent in der Studie auf die Karakatschanen in Bulgarien als eine Gemeinschaft in ständiger Bewegung“, erläutert Krassimira Krastanowa, Dekan der Fakultät für Philosophie und Geschichte an der Plowdiwer Universität und Leiterin des Projekts. „Wir waren bei den Menschen in Karlowo, Sopot, Sliwen und in Komotini in Nordgriechenland, um zu erforschen, wie sie die Erinnerung an diese Bewegung wahren. Die Karakatschanen sind ein Hirtenvolk, das seit Jahrhunderten die Balkanhalbinsel bevölkert. Ihr Leben wird von der saisonbedingten Migration ihrer Herden zwischen den Winter- und Sommerweiden bestimmt. Obwohl sich die heutigen Karakatschanen in Städten und Dörfern in Bulgarien, Griechenland, der Türkei und Mazedonien niedergelassen haben, sind sie mit der ewigen Reise ihrer Vorfahren verbunden und spiegeln dieses Erbe in ihrer Sprache, ihrem Wissen und ihren Erinnerungen, Liedern und Festen.

Снимка

Bis auf den heutigen Tag gibt es keine einheitliche Theorie über den Ursprung der Karakatschanen. Manche behaupten, dass die Gemeinschaft Anfang des 19. Jahrhunderts Griechenland verlassen hat, nachdem sie sich den fremden Eroberern bis zuletzt widersetzt hat und einem Massaker zum Opfer fiel. Andere meinen zu wissen, dass die Karakatschanen bis zuletzt Konstantinopel verteidigt und sich im Jahr 1453 zurückgezogen haben, nachdem die Stadt von den osmanischen Truppen eingenommen wurde. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts führten sie ein Nomadenleben. Danach wurden sie sesshaft, haben aber ihre Pfade und Ortschaften in den Bergen, das Wissen, wie Schafe gezüchtet und Milch verarbeitet wird, nicht vergessen, genauso wenig wie all die anderen Tätigkeiten, die ihre Familien in der Vergangenheit ausgeübt haben. Geblieben ist ihnen auch ihre Solidarität untereinander, die sie bis auf den heutigen Tag erhalten haben.

Снимка

Die Karakatschanen sind orthodoxe Christen, die die Kirchenfeste einhalten“, erzählt Krassimira Krastanowa weiter. „Zugleich pflegen sie aber schöne Bräuche und Riten aus ihrem Nomadendasein. Im Herbst ziehen die Karakatschanen von den Bergen in die thrakische Ebene in Nordgriechenland. Sie befolgen dabei ein herrliches Ritual – eine schön gekleidete Frau reitet der ganzen Karawane voran, die gen Süden zieht. Für das Hochzeitsritual wiederum müssen die Angehörigen des Bräutigams eine Fahne anfertigen, die Flambura genannt wird, unter der rituell die gesamte Hochzeitfeier verläuft.

Снимка

Früher lebten die Karakatschanen in Abgeschiedenheit und heirateten nur untereinander. Heutzutage werden aber viele Mischehen geschlossen. Obwohl ihre Gemeinschaft nicht mehr so kompakt ist wie einst, pflegen sie ihre Traditionen  und halten sie bei ihren Festen ein.

Die Karakatschanen sind in der Tat eine sehr alte Gemeinschaft. Sie selbst meinen, dass ihre Sprache das antike Griechisch ist, wie es zu Zeiten von Homer gesprochen wurde“, sagt Krassimira Krastanowa. „Es gibt viel zu viele Legenden diesbezüglich, um einschlägig darüber diskutieren zu können. Auch heute sprechen die Karakatschanen Griechisch, allerdings handelt es sich hierbei eher um ein archaisches Dialekt, welches früher von ihren Familien gesprochen wurde. Manche sprechen aber unsere Sprache und schlagen so Brücken der Freundschaft zwischen dem griechischen und bulgarischen Volk.

Снимка

Der Weg der Karakatschanen wird nicht nur von malerischen Fotografien dokumentiert, sondern auch im Film „Eine Reise mit den Karakatschanen“ der Regisseurin Ekaterina Minkowa geschildert. „Dieser Film liefert Einblicke in ihr Leben, in die von ihnen erhaltene kulturelle Identität, die sie Teil unserer Gesellschaft werden lässt“, sagte abschließend Krassimira Krastanowa.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Privatarchiv und BGNES



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Theaterpreise Ikar verliehen

Am Welttheatertag, dem 27. März, wurden zum 50. Mal die Ikar-Preise für Bühnenkunst im Nationaltheater Iwan Wasow verliehen.  "Den Haag" wurde als beste Theateraufführung ausgezeichnet. Die von der ukrainischen Autorin Sasha Denisova geschriebene..

veröffentlicht am 28.03.24 um 08:54

„Von der Zeitung bis ins Museum“ – Karikaturen aus dem Sozialismus in einer Ausstellung

Einen Versuch, das Karikatur-Genre unter den Bedingungen des totalitären Regimesin Bulgarien zwischen 1944 und 1989 zu rekonstruieren, macht die Ausstellung „Von der Zeitung zum Museum“, die bereits im fünften Monat Besucher in das Museum für Kunst aus..

veröffentlicht am 23.03.24 um 11:10

Sofia Film Fest ist wieder zu Gast in Warna

Am 22. März beginnt mit dem bulgarischen Film „Die Falle“ (The Trap) die 15. Ausgabe des „Sofia Film Fest“ in unserer Schwarzmeermetropole Warna, teilten die Organisatoren von „Artin Vision“ mit. Zwischen dem 22. und 30. März können die..

veröffentlicht am 22.03.24 um 08:15