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„Märchen auf Wanderung“ sollen Herzen für Flüchtlingskinder öffnen

Foto: BGNES

Als ich ein kleines Mädchen war, wusste ich nichts über Palästina und war sicher, dass ich im Libanon geboren war. Ich bemerkte, dass meine Mutter immer einen blauen Personalausweis mit sich trug, auf dem „Flüchtling“ stand. Erst dann habe ich den Grund begriffen, weshalb mein Vater kein Recht auf Arbeit hatte und ich nicht zu einer normalen Schule gehen durfte.

So beginnt die Erzählung von Rana Khalil. Ihre Familie hält sich in Bulgarien mit einer „blauen Karte“ auf, die Personen ohne Staatsangehörigkeit, also Staatenlosen, gegeben wird. Es ist die einzige persönliche Geschichte im Sammelband „Märchen auf Wanderung“, der 15 Kindermärchen aus der ganzen Welt enthält, aufgeschrieben und illustriert von Flüchtlingskindern.

„Ich habe mit Kindern aus den Flüchtlingszentren aus dem ganzen Land gearbeitet“, erzählt Martina Rajtschinowa von der Wohltätigkeitsorganisation Caritas, die den Sammelband herausgebracht hat. „Die Kinder kommen an und fahren irgendwann wieder weg und es ist sehr traurig, dass sie nichts zurücklassen außer den gemeinsamen Fotos mit uns und den interessanten Geschichten, die sie erzählen. Deshalb haben wir beschlossen, etwas Bleibendes zu machen, das die Erinnerung wachhält.

Zunächst wurde an Zeichnungen gedacht. Doch es sollte auch etwas Authentisches aus dem jeweiligen Land und der Kultur sein, aus dem die Kinder kommen. So entstand die Idee über ein Buch mit Märchen, die die Großmütter und Mütter den Kindern beim Einschlafen erzählen.

„Das sind Märchen, die zu uns gekommen sind, weil die Kinder zu uns gekommen sind und dann dorthin kommen werden, wo auch die Kinder hinkommen. Es sind tatsächlich wandernde Märchen“, sagt Martina Rajtschinowa.

Die 15 Märchen wurden auf einzelnen, dreifach gefalteten Blättern gedruckt, die in einem Futteral gelegt sind. Auf der linken Innenseite befindet sich das Original des von den Kindern in ihrer Muttersprache geschriebenen Märchens, der Name des Autors und das Land, aus dem er/sie stammt. In der Mitte wurden die ins Bulgarische übersetzte Geschichte und rechts die englische Übersetzung abgedruckt.

Damit wollten wir so viele Menschen wie möglich erreichen, auch solche, die in Bulgarien leben, aber kein Bulgarisch sprechen“, erklärt Martina Rajtschinowa. „Neben dem Bild, das die Kinder gezeichnet haben, gibt es noch Platz, so dass auch der Leser etwas zeichnen kann. Auf diese Weise werden sie der Geschichte noch näher kommen“, glaubt Raitschinowa.

Der Sammelband wurde zu Wohltätigkeitszwecken gedruckt. Mit dem gesammelten Geld sollen Flüchtlingsfamilien sowie Mütter und Kinder, die in Bulgarien Schutz suchen, unterstützt werden. Die Verleger hoffen, dass sie ihnen Zugang zu Bildung, Lehrbüchern und Schulzubehör verschaffen können. Sie wollen auch die übrigen Märchen, die im Sammelband aus finanziellen Gründen keinen Platz gefunden haben, herausgeben.

Die Botschaft des Buches ist, dass wir alle, unabhängig unserer Herkunft, gleich sind. Die Lehren der Märchen sind die Gleichen, die auch in unseren Märchen enthalten sind“, unterstreicht Martina Rajtschinowa. „Das eigentliche Ziel ist, die bulgarische Bevölkerung den Flüchtlingen anzunähern und ihr zu zeigen, dass sie sich durch nichts von uns unterscheiden.

Trotz der Bemühungen der Staatlichen Agentur für die Flüchtlinge und die unternommenen Schritte haben diejenigen, die in Bulgarien Zuflucht suchen, und insbesondere ihre Kinder mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Diese Menschen sind in Flüchtlingszentren untergebracht, die isoliert sind, weil sie sich am Rande der Städte befinden. Die Fortbewegung und die Kontakte mit der bulgarischen Bevölkerung sind erschwert. Die Kinder gehen jetzt zwar zur Schule, doch auf Grund des Krieges oder anderer Umstände haben viele von ihnen keine Grundkenntnisse für die wichtigsten Fächer, sie sprechen die Sprache nicht, kommen schwer mit und sind deshalb demotiviert. Zu schnell entfallen sie aus dem Bildungssystem, erklärt Martina Rajtschinowa. „Sie werden in der Schule nur schwer akzeptiert, oft werden sie ausgegrenzt, nicht zu Geburtstagen eingeladen. Nach der Schule kehren sie zum Flüchtlingslager zurück. Daher ist es wichtig, dass die Eltern zu Hause positiv über diese Themen sprechen, denn Kinder ahmen Erwachsenen nach. Eine wichtige Rolle könnten auch die Medien spielen, indem sie über Positives berichten. Das Problem ist, dass wir uns vor dem Unbekannten fürchten. Dabei sind Kinder überall gleich. Sie haben die gleichen Träume. Sie leben unter uns, gehen zur Schule und genauso wie wir wollen sie ein ruhiges Leben.

Ich hoffe, dass mich Bulgarien eines Tages aufnimmt, so dass ich stolz sagen kann – das ist mein Land.“ So schließt Rana Khalil ihre Erzählung. Das ist auch der Appell von Martina Rajtschinowa an die Bulgaren, ihre Herzen für die Flüchtlingskinder zu öffnen und ihnen zu helfen, sich in der bulgarischen Gesellschaft zu integrieren.

Übersetzung: Georgetta Janewa

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