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Bulgarien – Low cost und Hausmannskost

Camille Guten und Fabien Fuger in Bansko
Foto: Ljudmil Fotew

Unlängst war ich mit einem Team des größten französischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders France 2 in unserem Land unterwegs, um bei den Dreharbeiten für zwei Reportagen über die Textilindustrie in Bulgarien als Zulieferer großer Handelsmarken und über Bansko als Wintersportgebiet zu helfen. Beide wurden bereits online gestellt und die erste hat für heftige Diskussionen darüber gesorgt, ob die bulgarischen Näherinnen imstande sind, ihre Rechte zu verfechten und ob Bulgarien zur Schneidereiwerkstatt Europas verkommen ist. Dieses Thema ist nicht von gestern. In unserem konkreten Fall wollen wir aber die Meinung der Journalisten hören, die sich damit auseinandergesetzt haben.

Ich heißt Camille Guten und arbeite bei der France 2. Wir haben hier zwei Reportagen gemacht und ich bin der Meinung, dass wir die Aufgaben erfüllt haben, die wir uns gestellt hatten. Ein besonders starker Moment war für mich der Besuch bei den Heimarbeiterinnen. Ihre Geständnisse waren sehr ergreifend. Es gibt nichts hinzuzufügen, es war sehr interessant. Enttäuscht war ich bei meiner ersten Visite beim Produzenten von Luxushemden. Ich bin dorthin gegangen, als ob ich in Frankreich wäre. Danach ist mir bewusst geworden, dass die Menschen nicht auf die gleiche Art reagieren, vor allem wenn es um Aufnehmen von Menschen in Bewegung geht. Ich habe gesehen, dass ich anders vorgehen muss“, sagt Camille Guten.

Nicht alle Aufnahmen wurden in die endgültige Fassung der Reportagen aufgenommen. Mit welchen Worten würde der Kameramann Fabien Fuger seine Kader umschrieben?

Besonders ausdrucksstark war für mich der Moment mit den Händen, die die „kleinen“ Margen (der großen Firmen) herstellen; die Hände, die die kleinen Etiketten mit den Namen gefragter Handelsmarken annähen. Was die Aufnahmen angeht – Bansko wartet mit herrlichen Berglandschaften auf, das Wetter war schön, alles war gut“, meint Fabien Fuger.

Auf die Frage, ob sie nach Bansko wiederkehren würde, nachdem sie die Pisten dort gefilmt hat, sagte Camille Guten:

Ja und zwar nicht nur, weil ich Ski fahre. Nur würde ich nicht eine ganze Woche dort bleiben, weil die Pisten nicht so vielzählig sind. Außerdem ist der Skigebiet besser für jüngere Leute geeignet, mit Bars auf Schritt und Tritt“, sagt Camille. „Die Franzosen ziehen es vor, im Urlaub eine Wohnung für die ganze Familie zu mieten, anstatt im Hotel zu wohnen. Für mich ist Bansko ein guter Ort, um dort 3 oder 4 Tage Ski zu fahren.“

Es wäre interessant zu erfahren, ob sich Fabien eine in Bulgarien hergestellte Markenjeans kaufen würde.

Zumindest werde ich mir mehr Fragen stellen, wenn ich die Marken-Etiketten sehe“, gesteht er. „Einerseits werde ich mich vielleicht enthalten, wegen der Erinnerung an die „anonymen“ Hände, von denen bereits die Rede war. Auf der anderen Seite sind die Produzenten von Qualitätswaren, wo man den Eindruck hatte, dass die Arbeiter dort gut behandelt werden. Deshalb ist es schwer einfach mit Ja oder Nein zu antworten“, sagt Fabien Fuger.

Was halten die Kollegen aus Frankreich von unserem Land, nachdem sie die Gelegenheit hatten, wenn auch nur kurz, in die hiesige Atmosphäre einzutauchen? Camille meint, dass sie Bansko nicht mit dem Begriff low cost in Verbindung setzen würde. Die Aufnahmen der Heimarbeiterinnen sind viel ergreifender geworden, als sie gedacht hätte, doch die große Entdeckung für sie sind die Bulgaren, die an ihren Traditionen festhalten.

Ich dachte, Bulgarien sei ein Auswuchs Russlands und ich hatte angenommen, dass die Menschen hier düster sein werden, aber dem war nicht so. Ich habe ihre Warmherzigkeit und ihre Kulturverbundenheit entdeckt“, sagt Camille.

Fabien wiederum würde gern die weiten Landschaften Südbulgariens mit Freunden teilen – die Felder, die Wälder, den Schnee und natürlich auch das Essen, das einfach und gesund ist, genau, wie seine Freunde es mögen.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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