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Plowdiw – Europäische Kulturhauptstadt 2019

Ausstellung in Plowdiw zeigt Waffen als Männerschmuck

Bis zum 30. November können die Einwohner und Gäste der südbulgarischen Stadt Plowdiw eine Ausstellung stehen, die einen anderen Blick auf Waffen wirft, die allgemein als Symbol von Macht und Herrschaft gelten.
„Ziel der Exposition ist, die Waffen als apotropäische, d.h. Unheil abwehrende Attribute und Schmuck des Mannes vorstellen“, erklärt Grosdelina Georgiewa vom Regionalen Ethnographischen Museum in Plowdiw. „Ausgestellt sind Blank- und Handfeuerwaffen, die vom 17. bis Ende des 19. Jahrhunderts verwendet wurden. Typen und Anfertigungen der Waffen des Balkans stellen ein spezifisches Gemisch aus östlichen und westlichen Traditionen dar, vor allem, was die Ornamentierung anbelangt. Viele orientalische Verzierungen wurden von den einheimischen christlichen Meistern neu interpretiert. Die Waffen selbst wurden zu Meisterwerken. In der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt trugen die Männer wenig Schmuck. Der am meisten getragene Schmuck war die Uhrenkette; die Waffen ihrerseits wurden als ein weiteres wichtiges Schmuckelement angesehen.“



Waffen galten als Statussymbol. Sie verrieten die gesellschaftliche Stellung und den Vermögensstand ihres Eigentümers. Die bulgarischen Meister waren vor allem für ihre Blankwaffen berühmt. Reiche Bürger vertrauten die Anfertigung der Klingen nur ihnen an, doch Teile der Gewähre, die die Meister von Sliwen anfertigten, wurden aus Kleinasien und Ägypten eingeführt. Während die Verzierungen der Waffen aus dem Orient vor allem aus verschiedenen Metaleinlagen, farbigen Harzen und Email bestanden, bevorzugten die Meister des Balkans Perlmutter und Halbedelsteine, wobei man die Einlegearbeiten häufig mit goldenen Perlschnüren umrahmte, was sie noch reicher erschienen ließ. Ferner sind Messingrosetten, Sterne, Kreuze sowie Silber- und Goldfäden charakteristisch, mit denen die Waffengriffe inkrustiert wurden.



„Mit diesen Mitteln brachte man auch Inschriften an, die eine Besonderheit aufweisen“
, setzt Grosdelina Georgiewa fort. „Sie sind meist auf Türkisch und Arabisch, doch die Ausführung verrät die Hand hiesiger christlicher Meister. Hier auf dem Balkan wurde alles aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Der Koran verbietet die Darstellung von Menschen und Tieren, doch auf den Waffen entdeckt man nicht einzig reiche florale Ornamente. Dargestellt wurden auch Drachen, Gorgonen, Löwen und Fische. Ganz zu schweigen von den Kreuzen, die ebenfalls der islamischen Kunst fremd sind. Diese Elemente waren die Handschrift des Meisters und verrieten seine Herkunft. Es ist ein umstrittenes Thema, wie das die Kunden aufgenommen haben, die die Waffen bestellten, denn die osmanischen Inschriften verraten einen moslemischen Eigentümer. Für einen Krieger war das aber zweitrangig; für ihn war der Schmuckwert der Waffe wichtiger. Wenn er eine solche schöne Waffe tragen wollte, musste er also auch Kompromisse machen.“

Die meisten Inschriften sind Gebetssprüche, mit denen man Allah um Beistand bat. An einigen Waffen ist auch das Symbol für den Mut - „Zulfikar“ (zweischneidiges Schwert des Ali ibn Abi Talib) zu sehen. Auch gibt es Inschriften mit dem Namen des Eigentümers, was mit dem Glauben an die Unsterblichkeit der Seele in Verbindung steht. Oft hat man solche Waffen als Geschenke bestellt. Dann bestanden die Inschriften aus Lobesworten an den Beschenkten.
Der einfachste Schmuck der Säbel der regulären Truppen oder der Reichtum der Yatagane mit Griffen aus Walross-Stoßzähnen, Inkrustierungen aus Gold, Silber, Korallen und entlang der Schneide eingravierten und vergoldeten Inschriften machen eine solche Waffe ausgesprochen wertvoll.



„Die Verzierung an den Waffen verrät die Beziehungen aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt und vor allem gegenüber den Waffen, die auch als Accessoire, Schmuck und Zeichen der Männlichkeit galten“
, ist Grosdelina Georgiewa vom Regionalen Ethnographischen Museum in Plowdiw überzeugt.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Regionales Ethnographischen Museum Plowdiw




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