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150 Jahre seit dem Tod des Freiheitsapostels

Der Historiker Nikolaj Iwanow: Das Grab von Wassil Lewski wird nicht mehr geschändet

Foto: Archiv

Am Vorabend des 150. Jahrestages der Hinrichtung von Wassil Lewski wird im Zentrum von Sofia feierlich eine vom Bildhauer Iwan Sirakow geschaffene Gedenktafel angebracht. Sie soll der Ungewissheit über die ewige Ruhestätte des Freiheitsapostels ein Ende setzen. Nach jahrelangen Studieren von Augenzeugenberichten und Recherchen in den Archiven des Nationalen Museums für Militärgeschichte ist der Forscher Nikolaj Iwanow zu dem Schluss gekommen, dass sich das Grab von Wassil Lewski unweit vom Gebäude des Landwirtschaftsministeriums befindet. Die Lage wurde mit Hilfe moderner Vermessungsmethoden und dem Vergleich historischer Daten, Handskizzen des Geländes aus dem Jahr 1894 und heutiger Stadtpläne Sofias bestimmt.

Die Suche nach den sterblichen Überresten von Wassil Lewski hat bereits nach der Befreiung im Jahr 1878 begonnen, aber ohne Erfolg. Historiker, Archäologen und sogar Hellseher streiten darüber, wo sein Grab ist. Bis heute ist aber nicht bekannt, wo es sich genau befindet. Es wurden unterschiedliche Theorien und Hypothesen aufgestellt.

„Die Festnahme von Wassil Lewski“, Maler Nikola Koschuharow

Die Erhängung

Aus den Biografien von Wassil Lewski ist bekannt, dass sein Leichnam vom Galgen (damals am Stadtrand, heute im Zentrum von Sofia) heruntergeholt und in eine nahe flache Grube geworfen wurde. Am nächsten Tag war die Grube aber leer.

Der „Friedhof der Schande“

Laut einer der am weitesten verbreiteten Hypothesen wurde Wassil Lewski auf dem sogenannten „Friedhof der Schande“ beigesetzt, wo hingerichtete Verbrecher begraben wurden (heute ist das der Garten vor dem Mathematischen Gymnasium in Sofia). Später sollen seine sterblichen Überreste an einen anderen Ort gebracht worden sein. Viele Forscher, darunter der Historiker Nikolaj Iwanow, sind jedoch der Meinung, dass diese Hypothese nicht durch wissenschaftliche Beweise gestützt wird.


Die Kirche “Hl. Petka Samardschijska“

Einigen Berichten zufolge wurde der Leichnam von Lewski „links vom Altar“ in dieser alten Kirche im Herzen der Stadt heimlich umgebettet. Diese Information wurde bereits 1937 publik gemacht, blieb aber bis 1956 unbestätigt, als archäologische Ausgrabungen im Zentrum der Hauptstadt begannen, um diese Hypothese zu bestätigen. In der Kirche aus dem 12. Jahrhundert wurde in einer Grabgrube das Skelett eines Mannes gefunden, der ohne Sarg begraben war. Die bulgarischen Archäologen glauben jedoch, dass es sich dabei um das Skelett eines Byzantiners handelt. Die Knochen wurden beschrieben und abtransportiert, so dass keine DNA-Analyse durchgeführt werden konnte. 1986 beschloss die Bulgarische Akademie der Wissenschaften eine Gedenktafel neben der Kirche anzubringen, änderte später jedoch ihre Haltung. Am 19. Februar 2012 wurde die Gedenktafel wieder angebracht.


Baba Wanga

Die blinde Prophetin soll darauf hingewiesen haben, dass sich die Gebeine von Wassil Lewski unter der Kirche „Hl. Nikolaus der Wundertäter“ (gegenüber der Metropolie in Sofia) befinden. Historikern zufolge hat diese Kirche während der osmanischen Herrschaft funktioniert. Sie befand sich unweit vom Galgen. Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Anträge gestellt, die Kirche scannen zu dürfen, bisher wurde jedoch keine Genehmigung erteilt.

Kirche „Hl. Nikolaus der Wundertäter“

Die These von Nikolaj Iwanow

Als Geistlicher wurde Wassil Lewski von zwei Priestern auf dem alten christlichen Friedhof am Stadtrand von Sofia neben der dortigen Kapelle beigesetzt. Im August 1937 wurden bei Ausgrabungsarbeiten die Fundamente der Kapelle und mehr als 30 Gräber gefunden. In einem von ihnen befanden sich ein Skelett und zwei Schädel. Es ist bekannt, dass der abgetrennte Kopf des Revolutionärs Georgi Benkowski in das Grab von Wassil Lewski gelegt wurde. Die Gebeine wurden zur Untersuchung übergeben, aber das Gebäude, in dem sie sich befanden, wurde bei der Bombardierung Sofias im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der Historiker ist überzeugt, dass es noch kleine Knochen im Boden gibt, die bestätigen werden, dass das Grab des Freiheitsapostels gefunden wurde.

„Das ist ein Wendepunkt in der historischen Forschung über Wassil Lewski“, sagt Nikolaj Iwanow. „Wir stellen die historische Wahrheit nach 150 Jahren wieder her. Das Grab von Lewski wird eingezäunt und nicht mehr geschändet.“

Diese Veröffentlichung erfolgt im Rahmen eines Projekts, das mit der finanziellen Unterstützung des Kulturministeriums im Rahmen des Nationalen Programms zum Gedenken an den 150. Todestag von Wassil Lewski realisiert wurde.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: BGNES, mitropolia-sofia.org, Archiv, Privatarchiv





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