Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Das thrakische Heiligtum wird bis heute von der lokalen Bevölkerung für Kultrituale genutzt

Menschliche Gesichter, steinerne Schildkröten, Opferaltäre und Prowiralki – Gradischte birgt jahrtausendealte Geheimnisse

Der Kopf, Steinskulptur im thrakischen Heiligtum Gradischte
Foto: Weneta Nikolowa

Das Gebiet Gradischte in den westlichen Rhodopen ist voller Felssilhouetten von Menschen und Tieren, die vor fast 7.000 Jahren von Menschenhand geformt wurden. Diese geheimnisvollen Skulpturen sind heute dank einer Touristenroute für jedermann zugänglich. Inzwischen ist der Ort als Historischer Landschaftspark Gradischte bekannt. 
Während wir uns entlang des Weges mit wunderschönen Ausblicken auf die Rhodopen und dem gegenüberliegenden Piringebirge bewegen, der zwischen den Felsen aufblitzt, werden wir von Schildkröten, Vögeln, Fischen, menschlichen Gesichtern und Fabelwesen „verfolgt“, die die Fantasie anregen. Den Forschern zufolge handelt es sich um ein sehr altes Heiligtum, das sich über eine Fläche von 50 Hektar erstreckt.
Die beeindruckendste Felssilhouette wird „Der Kopf“ genannt - ein klar definiertes riesiges Steingesicht im Profil, das in die Ewigkeit blickt. Der Umriss der Silhouette ist perfekt und eindeutig von Menschenhand geschaffen. Laut Prof. Wassil Markow, Direktor des Zentrums für antike Kulturen an der Süd-West-Universität Neofit Rilski in Blagoewgrad, handelt es sich um das symbolische Bild des thrakischen Gottes Sabazios.
Auf dem „Kopf“ fanden Archäologen Spuren einer Feuerstelle, an der die Thraker ihre Rituale durchführten. 

Kultfeuerstelle auf dem s.g. Kopf
„Es gibt zwei weitere große menschliche Gesichter auf dem Gebiet von Gradischte, doch wir können nicht genau bestimmen, aus welchem Jahr sie stammen, da sie nicht in einer Kulturschicht liegen. Es wird vermutet, dass sie aus der späten Kupfersteinzeit (4800 – 4000 v. Chr.) stammen", erzählt Prof. Wassil Markow und fügt hinzu, dass a m häufigsten Silhouetten und Abbildungen von Schildkröten zu finden sind. Am Ende des prähistorischen Zeitalters symbolisierte die Schildkröte die Großen Muttergöttin, sie war ihre Tiergestalt.
In Gradischte ist auch ein in den Fels gehauener Thron sowie eine Sternkarte zu finden, die aus kleinen eingemeißelten Wölbungen besteht - Zeugnisse des astronomischen Wissens der Thraker, die vom Heiligtum aus den Himmel beobachtet haben.

Eine der vielen steinernen Schildkröten
“In der Antike waren die Thraker vor allem dafür bekannt, dass sie einen sterblichen Menschen in einen unsterblichen Gott verwandeln konnten”, behauptet Prof. Markow. Ihm zufolge diente das Heiligtum für die „Unsterblichkeit“. Davon zeugen auch die Prowiralki (Felsspalten mit heilenden Eigenschaften) auf seinem Territorium, die noch immer von Christen und Muslimen aus den umliegenden Dörfern genutzt werden. Es ist ein aufwendiges Ritual, das vermutlich von den Thrakern übernommen wurde.

Die Spalten werden auch heute genutzt
„Mit dem rituellen Durchwringen durch den Felsspalt, Prowiralka genannt, gibt der Teilnehmer am Kult sein altes sterbliches Wesen auf. Wenn er „auf der anderen Seite dieser Welt“ aus dem Felsspalt herauskommt, nimmt er als unsterbliche mythologische Figur ein neues Wesen an. In der heutigen Zeit ist dieses Ritual des Durchwringens im Volk noch lebendig. Der Kranke zieht ein altes Kleidungsstück über ein neues, und nachdem er durch den Felsbogen gegangen ist, entledigt er sich dem alten Kleidungsstück, indem er es an den Felsen hängt. Somit wird er ein „neuer gesunder Mensch“, sagt Prof. Markow zum Abschluss.
Es wird angenommen, dass das Heiligtum im Zeitraum des 3. bis 2. Jahrhunderts v. Chr. am intensivsten für religiöse Zwecke genutzt wurde. Die neuesten Spuren menschlicher Präsenz auf „Gradischte“ stammen aus der Römerzeit (3. bis 4. Jahrhundert n. Chr.).

Die Gegend Gradischte mit Ökopfaden und Raststätten für die Touristen

Lesen Sie auch:

Autor: Weneta Nikolowa
Übersetzung: Antonia Iliewa



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Touristenzahlen seit Beginn der Wintersaison gestiegen

Die Zahl der Touristen in Bulgarien ist in den ersten beiden Monaten der laufenden Wintersaison im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um knapp über 5 Prozent gestiegen. Am meisten haben die Besuche von Touristen aus Italien zugenommen,..

veröffentlicht am 15.02.24 um 11:15

Ansturm von Wintersportlern auf Maljowiza

In den letzten Jahren wurden im Skiresort Maljowiza  im Rilagebirge umfangreiche Investitionen getätigt, um die Infrastruktur zu modernisieren und die Bedingungen für Erholung zu verbessern, berichtet die Zeitung "24 Tschassa". Aufgrund der..

veröffentlicht am 04.02.24 um 09:05
Nikolaj Nenow

Russe will zur UNESCO-Kreativstadt erklärt werden

Russe wird sich bis 2025 als UNESCO-Kreativstadt der Gastronomie bewerben, so der Direktor des Geschichtsmuseums der Stadt, Prof. Nikolaj Nenow.  Seiner Meinung nach braucht Russe eine Perspektive, die die Kräfte und die kreative Energie von..

veröffentlicht am 02.02.24 um 13:25